Eine Tugend, aus der Not geboren

Bis zu 200.000 Menschen schalten ein, wenn André Heller zu seinen „Hauskonzerten“ lädt. 

Kürzlich im Salon von André Heller. Musikinstrumente, Kameras, Mikrofone. Die Scheinwerfer glühen schon. Trotzdem bietet der Gastgeber seinen Gästen so etwas wie ein „Warm-up“ an. Sie hören dem Meistererzähler gerne zu und sind vergnügt. Dann heißt es plötzlich „Klappe“! Was nicht als unfreundliche Zurechtweisung des Publikums gemeint ist, sondern als Aufforderung zum Drehstart. Aufgezeichnet wird ein neues „Hauskonzert“ von Heller. Dieses relativ junge Fernsehformat erlangte schnell Kultstatus. Bis zu 200.000 Menschen schalten ein, wenn der „Host“ im intimen Rahmen seines Salons Weltstars der Musik präsentiert. 

Und da kommt schon einer herein: Hubert von Goisern. Musikalischer Weltreisender und Beweis dafür, dass Jodeln nicht unappetitlich sein muss. So jodelt er ganz schön verführerisch zum Sound seiner exquisiten Musiker; er beweint das nahende Ende eines 500 Jahre alten Grönlandhais; er schmachtet, wenn er von der Liebe singt, und er bittet den Gastgeber zum Duett: André Heller stimmt eines seiner berührendsten Lieder an – „Wie mei Herzschlag g’herst zu mir“. Höchste Konzentration …

Not und Tugend.  Dieses jüngste aller „Hauskonzerte“ wird vermutlich rund um den 70. Geburtstag von Hubert von Goisern im Herbst auf ORF III ausgestrahlt. Viele andere waren schon zu erleben. „Dieses Fernsehformat wurde sozusagen als Tugend aus der Not geboren“, erzählt André Heller. „Viele renommierte Künstlerinnen und Künstler waren verzweifelt, weil sie während der Pandemie und den Lockdowns keine Auftrittsmöglichkeiten und ,Gigs‘ mehr hatten. Also sagten wir uns: Dann erfinden wir halt welche!“

Das war die Geburtsstunde der Heller’schen „Hauskonzerte“. Produzent Kurt Stocker erinnert an einige Highlights der Reihe: „Rudolf Buchbinder setzte sich ans Klavier und spielte, dass es einem die Ohren anlegte!“ Opern-stars wie Camilla Nylund und Günther Groissböck bewiesen sich mit Chansons und Wienerliedern als Meister des „Cross-over“. Die Teufelsgeigerin Patricia Kopatchinskaja unternahm avantgardistische Höhenflüge. Und rund um seinen 75. Geburtstag holte sich der Hausherr dann eine erlesene Künstlerschar in die eigenen vier Wände, die ein Best-of-Heller sang und musizierte. 

Aufwand. „Das Einzigartige bei unseren ,Hauskonzerten‘ ist der große Aufwand, der hier Voraussetzung ist“, schildert Stocker. „So verwenden wir nicht zwei Kameras und zwei Mikrofone, sondern gleich mehrere, um eine Spieldramaturgie zu ermöglichen. Dadurch kommt nicht die sonst in diesem Genre übliche Sauce heraus.“ Und Heller schließt: „Ich bin dem Chef von ORF III, dem Peter Schöber, für die Ausstrahlung meiner ,Hauskonzerte‘ sehr dankbar – aber er bekommt auch etwas, was es sonst nirgendwo gibt!“ (ch)

Foto: (c) Stefan Liewehr