10 Fragen/10 Antworten zu Corona
Der Wiener Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres gibt kompetente Auskunft: „Wir werden dem Virus nicht ewig nachhecheln.“
1) Welchen Umständen verdanken wir die besonders rabiate vierte Corona-Welle?
Die verdanken wir dem Umstand, dass etwa 3 Millionen Menschen nicht geimpft waren. Dazu kam die besonders aggressive Delta-Variante. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis die Infektion bei den Ungeimpften um sich greift. Zusätzlich mussten wir auch noch feststellen, dass der Impfschutz für doppelt Geimpfte nach 4 bis 6 Monaten nachlässt. Und so kam es zu sehr ernsten Impfdurchbrüchen.
2) Was machen andere Länder wie Schweden oder Spanien besser als Österreich?
Spanien, Portugal, Frankreich oder Italien sind Länder, wo die Durchimpfungsrate bei über 80 Prozent liegt. Deshalb gibt es dort wesentlich weniger Infektionen als hierzulande. In diesem Zusammenhang muss man aber auch betonen, dass die Stadt Wien hinsichtlich der Pandemie besonders gut und vorsichtig agiert und auf eine enge Zusammenarbeit mit der Ärztekammer setzt. Dadurch konnte vielen Menschen geholfen werden!
3) Ist der neue Lockdown gerechtfertigt?
Derart radikale Kontaktreduzierungen sind immer die Ultima Ratio. Jedenfalls ist das die Maßnahme, die am schnellsten zur Reduktion der Infektionszahlen führen kann. Aber: Man darf dabei die Impfungen nicht vergessen!
4) Ist die Impfpflicht gerechtfertigt?
Wir Ärzte waren schon dafür, bevor sie beschlossen worden ist. Ganz wesentlich ist dabei, dass die niedergelassenen Ärzte impfen, dadurch würden wir uns viel Zeit ersparen. Deshalb rufe ich alle Ungeimpften auf, sich von den Ärzten ihres Vertrauens beraten zu lassen!
5) Liegt die Lösung im „3. Stich“?
In Israel konnte man – nachdem man gemerkt hat, dass die Wirkung nach 4 bis 6 Monaten nachlässt – mit der dritten Impfung eine Wende erzielen. Dadurch sind die Infektionszahlen rapide gesunken. Deshalb sollte auch bei uns der Appell zur dritten Impfung forciert werden!
6) Ist die Impfung von Kindern wichtig?
Sie ist durchaus vernünftig. Deshalb hoffen wir, dass die Zulassung der europäischen Behörden bald kommt …
7) Ist die Grippeimpfung jetzt wichtiger denn je?
Ja, es ist wichtig, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Und man kann sich ja auch schon gleichzeitig – gegen Grippe und Covid – immunisieren lassen.
8) Gibt es für Ärzte Schlimmeres als eine „Triage“?
Eine „Triage“ bedeutet, dass man – wenn es auf der Intensivstation zu wenig Kapazität gibt – Prioritäten setzen muss. Und diese richten sich nach der Überlebenschance der jeweiligen Patienten im Rahmen einer Behandlung oder Operation. Kein Arzt wünscht sich, so eine Entscheidung treffen zu müssen! Denn prinzipiell wollen wir jedes Menschenleben retten.
9) Wann kommen endlich Medikamente gegen Corona?
Es gibt schon welche: Remdesivir wird intravenös verabreicht. Dann gibt es die Option, Antikörper intravenös zu spritzen, und die Firmen Merck und Pfizer haben auch bereits Tabletten entwickelt, die im Zulassungsverfahren schon sehr weit sind. Mit diesen Medikamenten sollen schwere Verläufe verhindert werden. Man muss nur früh mit der Behandlung beginnen …
10) Wird das Virus ewig weiter mutieren?
Es wird mutieren, aber wir werden ihm nicht ewig „nachhecheln“! Durch regelmäßige Impfungen wie gegen Influenza – die relativ schnell entsprechend den jeweiligen Mutationen angepasst werden können –, aber auch durch jedes Medikament, das neu zugelassen wird, steigen die Chancen einer wirksamen Behandlung.
Fotocredit © Stefan Seelig