30 Millionen Elektroautos bis 2030
Umweltschutz. Die EU-Kommission stellt ihre Absichtserklärung für nachhaltige Mobilität vor. In den kommenden zehn Jahren soll sich der Verkehr mit Hochgeschwindigkeitszügen verdoppeln.
Brüssel. Sieben Prozent – um so viel ist der globale Ausstoß von klimaschädlichen Gasen dieses Jahr zurückgegangen, gaben die Vereinten Nationen am gestrigen Mittwoch bekannt. Den Klimaexperten zufolge entspricht dieser drastische, der Coronapandemie geschuldete Rückgang einer Reduktion der Erderwärmung um gerade einmal 0,01 Grad Celsius bis zum Jahr 2050 – viel zu wenig, tun die negativen Folgen des Klimawandels abzufedern. Die UN geht nämlich von einem weltweiten Anstieg der Durchschnittstemperaturen um 3,2 Grad Celsius im Laufe des 21. Jahrhunderts aus – und auch das nur dann, wenn alle bis dato vereinbarten Klimaziele eingehalten werden. Vor dieser bedrohlichen Kulisse stellte die EU-Kommission gestern ihre Pläne zur ökologischen Umgestaltung des Verkehrswesens vor. Die Maßnahmen sind Teil des Grünen Deals, der künftig maßgeblich bestimmen soll, wie die EU ihre Investitionen tätigt und an welchen Hebeln sie zieht, um ihren CO2-Ausstoß zu verringern.
Die „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität“ sieht vor, dass bis 2030 mindestens 30 Millionen emissionsfreie Fahrzeuge in der EU in Betrieb sein sollten. Im selben Zeitraum soll sich der Verkehr mit Hochgeschwindigkeitszügen verdoppeln und mindestens 100 Städte klimaneutral sein. Bei planbaren kollektiven Reisen unter 500 Kilometern soll kein CO2, mehr frei werden. Der Frachtverkehr auf der Schiene soll um 50 Prozent wachsen, der Transport auf Binnenschiffen und kurzen Verbindungen übers Meer um 25 Prozent. Schiffe ohne Abgase sollen marktreif sein.
Wie viel von diesen Absichtserklärungen in der Praxis technologisch umsetzbar sein werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings alles andere als absehbar. Ein Beispiel: Während die Strategie der Kommission darauf abzielt, dass in zehn Jahren automatisiertes Fahren im großen Stil möglich sein soll, gab der US-Konzern Uber vor wenigen Tagen bekannt, sich aus der Entwicklung selbstfahrender Autos zurückzuziehen.Doch immerhin stießen die gestern vorgestellten Pläne bei Richard Branson auf Anklang: „Großes Lob für die Kommission“, ließ der britische Besitzer der Airline Virgin per Aussendung wissen. Bransons Unternehmensgruppe arbeitet unter anderem an der Entwicklung des futuristischen Hochgeschwindigkeit-Verkehrssystems Hyperloop, bei dem Passagierkapseln in einer luftleeren Röhre nahezu auf Schallgeschwindigkeit beschleunigt werden.
Gipfeldebatte über Klimaziele
Die Umsetzung der Vorhaben wird allerdings davon abhängen, ob alle EU-Mitglieder mitziehen. Beim heutigen EU-Gipfel werden die Staats- und Regierungschefs unter anderem über das Ziel der Kommission diskutieren, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 zu senken. Polen und andere mitteleuropäische Staaten, die stark auf Kohle angewiesen sind, haben Vorbehalte und fordern finanzielle Hilfe.
(Aus Die Presse vom 10.12.2020 auf Seite 3)
Fotocredit: (c) Kelly Kiernan