Mediennutzung verstärkt digital
Studien zur Mediennutzung gibt es wie Sand am Meer. Doch viele kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, eine klare Prognose ob beispielsweise lineares Fernsehen oder zeitversetztes Fernsehen (via Streaming, Video-on-Demand, etc.) bleibt im Unklaren. Journalist Klaus Puchleitner nähert sich in einem Beitrag im bestseller_zwei der Beantwortung der Frage wohin sich die Mediennutzung entwickelt mithilfe von Fakten.
Eine Umfassende Untersuchung in der Schweiz, bei der über 2000 Konsumenten und Medienwissenschaftler befragt wurden hat ergeben, dass tendenziell Personen je älter sie werden, desto dringender dem Wunsch nach hochwertiger medialer Grundversorgung nachgehen. Vor allem sogenannte „Leuchtturmmarken“ stehen repräsentativ für Qualität und Seriosität. Bereits etablierte, große Medienmarken, d.h. im wesentlichen althergebrachte TV-Stationen und Print-Medien genießen noch immer ein hohes Ansehen. Keine große Verwunderung. Dass lineares Fernsehen und zeitversetztes Fernsehen bereits in friedlicher Koexistenz leben – wobei 58 Prozent der Konsumenten ersteres bevorzugen während 39 Prozent letzteres häufiger nutzen – ist schon erstaunlicher. Bei diesem Ergebnis kann man wahrscheinlich noch nicht von einem Tod des linearen Fernsehens sprechen. Eine österreichische Studie, bei der 15.000 Konsumenten befragt wurden untermauert das Ergebnis der Schweizer Studie nochmal. 81 Prozent der Österreicher ab dem Alter von 14 Jahren sehen demnach immer noch täglich fern, 77 Prozent hören täglich Radio. 65 Prozent aller Österreicher lesen regelmäßig Printmedien. 71 Prozent nutzen das Internet um sich zu informieren. Ein gewisser Unterschied lässt sich jedoch in der Studie erkennen: 79 Prozent der gesamten TV-, Radio- und Printmediennutzungsdauer entfallen auf die ältere Generation über 40. Das bedeutet aber auch, dass die jüngeren eher im Netz unterwegs sind.
Eines zeigen diese Studie ebenfalls: Bildung hebt die Infoqualität. Je jünger und je höher die Bildung, desto eher werden Webmedien derzeit zur Entspannung genutzt. Laut den Studien führt weniger Bildung zu einem unbedachteren Umgang mit Medien, was sich tendenziell in der Informationsgewinnung über Social Media-Plattformen und deren teilweise dubiose Inhalte niederschlägt. Beim Lehren vom verantwortungsvollen Umgang mit Informationsgewinnung über das Web wird die Schule eine sehr wesentliche Rolle einnehmen müssen. Zukunftsszenarien sind mannigfaltig. Folgende Prognosen auf Basis dieser Ergebnisse kann man aber durchaus stellen: Die Jungen werden weiterhin web-affin agieren, aber Social Media nur mehr zur Entspannung nutzen und ihre Informationen aus Inhalten etablierter, professionell agierender Medienhäuser gewinnen. Ältere werden ebenfalls digitaler, indem sie auf E-Papers umsteigen, aber zur Entspannung zu Printmedien greifen werden. Es geht aber auch ganz anders: „Digital Detox“ ist ein immer häufiger auftretender Begriff der letzten 10 Jahre, welcher die völlige Ablehnung – soweit es jedenfalls möglich ist – digitaler Hilfsmittel beschreibt, sich quasi von dem Informationsüberschuss entzieht.
Quelle: bestseller_zwei 2020, Ausgabe vom 23.09.2020, Seite 18-19.
Fotocredit © Victor Xok