Nachhaltige Elektromobilität und Standortentwicklung beim 10.vie-mobility Symposium
10. vie-mobility – „Smart Cities & Regions: Nachhaltige Mobilität, Infrastruktur- & Standortentwicklung“
Zum 10. Mal fand das vie-mobility Symposium, diesmal zum Thema “ Smart Cities & Regionen: Nachhaltige Mobilität, Infrastruktur & Standortentwicklung“ statt. Die Location wurde mit der Summerstage Corona bedingt ausgewählt: gut zu durchlüften, offener überdeckter Ausstellungsbereich und beste Aufteilung und Atmosphäre. Die vier Panels waren: „Smart City und Regionen“, „Digitale Standortinvestitionen in einer digital-elektrisch transformierten Welt“, „Elektrischen Fahrzeuge, effiziente Ladestationslösungen und Verkehrskonzepten“ sowie zur „leistbaren, lebenswerten Stadt: Smart City live“.
Smart City Vienna erfolgreich – zusätzliche Arbeitsplätze schaffen
Wirtschafts- und Finanzstadtrat Peter Hanke betonte im ersten Panel, dass die Smart City Strategie darauf basiert 2030 die Treibhausgasemissionen um 50% zu senken. „Wien ist hier in den letzten 15 Jahren schon gut unterwegs, jetzt geht es darum diese Ziele in den nächsten 10 Jahren vollständig zu erreichen.“ Ebenso ging Peter Hanke auf die notwendigen Investitionen, die wegen Corona-Krise jetzt auch vorgezogen werden, ein: „Ein neues, zusätzliches 600 Millionen starkes Investitionspaket ist für die kommenden Monate und Jahre am Weg. Wir unterstützen damit die Wiener Wirtschaft und kämpfen um jeden Arbeitsplatz. Investitionen in die Infrastruktur profitieren davon“. Alexander Biach, in Vertretung von Präsident Walter Ruck, Wirtschaftskammer Wien, setzte u.a. auf „das Einbinden der Klein- und Mittelbetriebe, so wie in der Herrengasse in der Wiener City, wo der Ausbau der Begegnungszone zu einem gewissen Teil von privaten Unternehmen aus dem Umfeld finanziert wurden.“ Weitere Eckpunkte waren der Ausbau neuer Knotenpunkte in Zusammenarbeit mit der ÖBB, sowie die Kritik an zu langen Verfahren bei Projekten mit diversen Einsprüchen auf vielen Ebenen: „Damit werden Arbeitsplätze nicht gesichert, das muss besser werden,“ so Biach.
ÖBB testet alternative Antriebsformen
Michaela Huber, Vorständin ÖBB Personenverkehr, sah eine Halbierung der Fahrgäste in den letzten Monaten als besondere Herausforderung an, konnte allerdings gleichzeitig auch einen Lichtstreif am Horizont erkennen: „Gerade jetzt müssen wir als größter E-Mobility-Provider alternative Antriebsformen wie die Elektrifizierung von Dieselstrecken umsetzen oder Wasserstoff angetriebene Zügen testen, wo wir gut unterwegs sind. Der Klimaschutz bleibt hier oberstes Ziel“.
Smart City Vienna – im internationalen Vergleich Nr.1
Garagenunternehmer Johann Breiteneder sah den Individualverkehr weiter als bedeutend an: „Das notwendige Bereitstellen von Garagenplätzen bleibt entscheidend, um Fahrzeuge im innerstädtischen Bereich weg von der Oberfläche zu bekommen. Hier gilt es mit entsprechenden Leitsystemen die Verkehrsflüsse zu dirigieren und zu kontrollieren“. Roland Falb, Partner Roland Berger, unterstrich in seiner einleitenden Smart City Keynote, dass Wien schon vieles richtig gemacht hat mit seinen Initiativen und Projekten im Rahmen der Smart City Strategie: „Wien hat im Vergleich mit 150 Städten weltweit den ersten Platz im Smart City Ranking vor London erreicht. Unter den ersten 15 sind so klingende Cities wie Singapur, Chicago, Paris, Seoul oder Shanghai. Die Stadt Wien kann stolz auf diese Platzierung sein, Grund dafür sind langjährige Strategien, die nachhaltig verfolgt werden, wie der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Reduktion der CO2-Bilanz, die Entwicklung grüner Räume, die optimierte Abfallentsorgung, um nur einige zu nennen“.
Neue digitale Energie-Wertschöpfung
Im anschließenden Panel 2 sah Andre Felker, CEO Backbone, „Digielectric“ als dezentrale Speicherung von Energie als zukunftsweisend. Erneuerbare Energie kann durch die neuen gesetzlichen Regelungen auch unter privaten Personen gehandelt werden und damit zum neuen Geschäftsmodell werden. Für Martin Graf, Vorstand Energie Steiermark, sind große Investitionen in den nächsten 10 Jahren Dank der internationalen Eigentümerstruktur der Energie Steiermark mit Macquarie sichergestellt insbesondere in den Bereichen Gas, klimaneutrale Energie und Infrastruktur von Stromerzeugung. Graf brachte drei wesentliche Punkte für die Energie der Zukunft ins Treffen, „als Partner einer grünen Zukunft, die nachhaltig, digital und innovativ“ sein muss. Alexander Biach, WKW, sah ein Miteinander von klimaorientierten Maßnahmen gemeinsam und mit Augenmaß mit der Wirtschaft im Mittelpunkt der Umsetzungen, weil „nur wenn auch auf die Anliegen der Wiener Wirtschaft Rücksicht genommen wird, ist ein nachhaltige positive Entwicklung denkbar und zu erwirtschaften“. Robert Grüneis, GF ASCR trat ebenso für die Energie- und Mobilitätswende ein. Gerade durch den steigenden Einsatz von teils fluktuierenden, erneuerbaren Energien, ergeben sich neue Herausforderungen für die Stromnetze. Mit dem Forschungsschwerpunkt „Smart Charging“ setzt ASCR innovative Schwerpunkte, die weltweit Anerkennung finden. Michael Fischer, GF Smatrics, konnte das E-Fahrzeug mit seinen neuen Lademöglichkeiten längst als kompetitiv zum Verbrennungsmotor sehen: „Mit der gleichen Reichweite – 1000km sind in naher Zukunft möglich -, gleicher Ladegeschwindigkeit, günstigerem Service, der Bequemlichkeit von zuhause zu laden und mehr Fahrspaß ist das E-Fahrzeug dem Brenner schon überlegen. Grundsätzlich ist eine Anschubfinanzierung mit Förderungen sinnvoll, zu guter Letzt muss dann das System der E-Mobilität mit Fahrzeugen und Ladestationen selbst laufen“.
„Mehr nützen als besitzen“ als unveränderter Trend, Technologiefortschritte durch AIT
Im dritten Panel führte der Vertreter der Elektro- und Hybridfahrzeuge Stefan Gubi aus, dass verstärkt auf die Wünsche der Kunden eingegangen werden muss, weil das Nutzungsverhalten für Autos sich insbesondere in der Jugend stark verändert hat. Der Trend zu mehr nützen als besitzen geht weiter. So hatte auch der Autovermieter auf Zeit ViveLaCar zur 10. vie-mobility neue Angebote mitgebracht und ein Fahrzeug aus ihrer Flotte, einen Hyundai Kona ausgestellt. Geschäftsführer Martin Rada konnte Mietangebote pro Monat von etwa 300.- Euro für einen Kleinwagen ins Treffen führen, das in dieses veränderte Nutzungsverhalten gut hineinpasste. Christian Chimani von AIT sah in der Low Emission Technology mit neuen Technologien eine verbesserte Effizienzleistung- Klima orientiert ging es Chimani auch darum, wie man Hitze von der Energie beim Antrieb wegbringt, hier gibt es laufend neue Forschungsergebnisse, wie Chimani berichtetet. Und in den „Leichtbau ist viel Entwicklungsarbeit zu stecken, weil je schwerer die Fahrzeuge, desto mehr Energie brauchen sie“, so Chimani.
Der E-Roller, neue E-Ladestationen am Vormarsch und Smart City Rahmenstrategie
Rollerspezialist Josef Faber konnte mit seiner elektrischen Vespa begeistern, weil die Kunden Freiheit lieben, diese war sogar teils in der Corona Zeit mit dem Roller möglich. Faber war sich sicher, dass die einspurigen Fahrzeuge schon seit vielen Jahren einen wesentlichen Beitrag zur flexiblen Mobilität beitragen: „Mit dem E-Roller wird nun ein nächster Schritt dazu gesetzt. Zusätzlich bietet das Elektrofahrzeug eine weitere Alternative um im Nahverkehr rasch von A nach B zu kommen. Deshalb ist es wichtig in Zukunft die richtigen Schlussfolgerungen für eine Smart City mit leistbaren, sehr mobilen und wendigen sowie platzsparenden Fahrzeugen zu finden.“ Auf den letzten Stand der Ladetechnologie brachte die vie-mobility Zuhörerschaft Gerhard Wimmer von Keba: „Wir sind überzeugt, dass die Zukunft bei intelligenten E-Ladesystemen liegt. Immer schneller gelingt es uns für Strecken bis zu 500 km zu tanken, das Ladeinfrastrukturnetz wird engmaschiger. Der Umstieg vom Verbrennungsmotor zum E-Fahrzeug wird immer leichter gemacht“.
UIV, Urban Innovation Vienna, ist als Host der Smart City-Rahmenstrategie aktiv. Geschäftsführer Claus Hofer sieht in der Verringerung der Co2 Emission einen wesentlichen Bestandteil der Arbeit: „Bis 2030 die Emissionen bis zu 50% zu reduzieren und 2050 ganz zu cutten ist der richtige Weg. Dabei Individualverkehr zunehmend zu vermeiden, ist das Ziel. Als Beispiel dazu ist die neue Seestadt Aspern perfekt: Einkaufen, Bildung, Arbeiten, Wohnen usw. alles an einem Platz“.
Smart City Airport und leistbares Wohnen
Das Panel 4 zur „leistbaren und lebenswerten Stadt“ startet mit Julian Jäger, Vorstand Wiener Flughafen, der zurecht auf die Bedeutung des internationalen Flughafens für den Standort Wien hinwies: „Auch wenn wir derzeit durch die Covid 19-Krise große Einbußen im Flugverkehr hinnehmen müssen, rüsten wir uns schon für morgen. Der Smart City Airport, wo der CO2 Ausstoß schon jetzt auf 70% reduziert ist, ist ein on-going Prozess und wird weiter fortgeführt“. Jäger wies auch auf das synthetische Kerosin hin, das in Zukunft große Bedeutung haben wird, weil damit schon vorhandene Flugzeuge mit bis zu 50% betankt werden können und so sauberer fliegen. Gemeinderätin Waltraud Karner-Kremser sah in Vertretung von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal, das leistbare Wohnen in Wien als ein besonderes Asset der Stadt. 62% der Wienerinnen und Wiener leben im geförderten Wohnbau, das sind 420.000 Wohnungen, wo die Mieten in der Regel mit 7,5 Euro pro m2 inkl. Betriebskosten gedeckelt sind. Im Vergleich zu anderen Weltstädten wie in Deutschland oder England, unvergleichbar mit Wien, weil dort der soziale Wohnbau kaum vertreten ist. Karner-Kremser: „Wien hat seit 100 Jahren eine große Tradition im leistbaren Wohnen. Mit dem Ausbau neuer Gemeindewohnungen und der Entwicklung neuer Stadtteile wie der Seestadt Aspern und einer Grundstücksreserve von 3,1 Millionen m2 des Wohnfonds ist Wien auch in Zukunft für das leistbare Wohnen gut aufgestellt. Auch das ist ein Teil des lebenswerten Wiens“.
Seestadt Aspern: der Vorzeige-Stadtteil
Gerhard Schuster, Vorsitzender, Wien 3420 und oberster Stadtentwickler der Seestadt Aspern, konnte eine repräsentative Umfrage der 8000 Bewohner der Seestadt vorstellen, die eine 80% Zufriedenheit auswies. Insbesondere das Öffi-Angebot wurde als sehr positiv bewertet, ebenso gut das Fahrrad. Insgesamt geht es darum den Seestädtern eine Alternative zum Individualverkehr zu bieten, was bisher gut gelungen ist. Gerhard Schuster: „Der große Vorteil bei der Seestadt Aspern ist, dass dieser Stadtteil von Grund auf neu geplant wurde und somit alle notwendigen Smart City Erfahrungen von Beginn an einfließen konnten. So wird das auch in Zukunft bei der Weiterentwicklung sein“.
Neue Lösungen für City-Zubringerbahnhöfe und Logistik
Für Wolfgang Kalny, den Spezialisten für Future Solutions im Nahbereich der Stadt, ist das Projekt im Tullnerfeld ein Meilenstein, wo es möglich wurde, dass durch den neuen Bahnhof dort, immer mehr Pendler die Möglichkeit finden um in die City zu gelangen. Dazu braucht es ein Lastmile-Konzept, das Kalny anbietet und beratet. Hier ist noch viel möglich, um mit Leitsystemen und entsprechender Parkraumbeschaffung optimale Lösungen zu generieren.
Davor Sertic, Logistiker und Spartenobmann der WKW, fühlt sich dem CO2-freien Güterverkehr verpflichtet und arbeitet an Konzepten, diesen zu realisieren. Hier ist noch viel zu tun, ob mit elektrischen Klein-LKWs oder mit Verteilung von Gütern per Bahn in Verladezentren, von wo die letzten Meilen klimaschonend bedient werden können. Sertic: „Hier ist wahrscheinlich noch der größte Aufholbedarf, um die Smart City CO2-frei bis 2050 zu realisieren. Daran arbeiten wir gemeinsam“. Das war übrigens ein Tenor, der durch alle Panels ging: Viel zu oft wird durch Bürokratie oder persönliche Befindlichkeiten zwischen Parteien und Institutionen eine raschere Umsetzung verhindert. Das gilt es gemeinsam zu verändern, so die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 10.vie-mobility.
Club Cuvée mit Forstdirektor Andreas Januskovecz, Stadt Wien
Im Anschluss an das vie-mobility Symposium durfte der traditionelle Club Cuvée Abend nicht fehlen. Mit dem Vortragenden Obersenatsrat und Forstdirektor Andreas Januskovecz der Stadt Wien konnte deutlich werden, dass Wien lebenswert auch in seiner Umgebung ist. Mit dem Wienerwald steht den Wienerinnen und Wienern ein großes Erholungsgebiet zu Verfügung, dass auch die Klimabilanz positiv beeinflusst. Weniger bekannt ist, dass Wien der zweitgrößte Forstbesitzer hinter den österreichischen Bundesforsten ist. Grund dafür sind die großen Waldgebiete rund um das Wiener Hochquellwasser. Mit 2000 Hektar Landwirtschaft gehört Wien auch zu den großen Landwirten Österreichs, ebenso mit 700 Hektar Weinbaufläche zu den größten Weinbaugebieten in Österreich. Das alles zu bewirtschaften konnte Andreas Januskovecz eindrucksvoll in seinem Vortrag nachvollziehbar machen. Die Club Cuvéeler und die vie-mobility Gemeinde konnte an diesem Abend in der Summerstage die besten Weingut Cobenzl Weine verkosten, darunter die Lagenweine Gemischter Satz, Grüner Veltliner, Muskateller, Weißburgunder und der rote top Cabernet Sauvignon, dabei u.a gesehen Wolfgang Gehbauer, GF WPV-GPA, Marcello Demner, Werbeagentur Demner Merlicek, Unternehmensberater Christian Kren, Stefan Lechner, Verlagsleitung Kurier, Kulturmanager Daniel Serafin, Christian Pesau, IV, Markus Scharinger GF ViveLaCar, Verkehrsexperte Rudi Schicker, Lukas Unger, Ö-Ticket, Thomas Waldner, GF Donauinselfest, Designerin Brigitte Just, Gastronom Ossi Schellmann, Stefan Leeb, Magistratsdirektion Stadt Wien, Friedrich Lehr, Hafen Wien, Stefan Lewisch, Wiener Linien, Personalberaterin Manuela Lindlbauer, Susi Schicker, Wien Holding, Imobilienmaklerin Martina Denich, Handelsexpertin Martina Steinberger-Voracek, Unternehmer Rudi Semrad, Gesamtmoderatorin Sandra Zotti, Mario Rohracher, GS GSV- Plattform für Mobilität, Ralph Vallon, Veranstalter vie-mobility und Raphaela Vallon-Sattler, GF Vallon Relations
Die vie-mobility, die Plattform für Elektromobilität und Standortentwicklung, wurde 2011 gegründet und hat zum Ziel, den Austausch zwischen Politik, Wirtschaft und Technologie zu fördern und ist eine Veranstaltung aus der Reihe vie-very important enterprises. Bisher wurden neun vie-mobility Symposien und eine vie-mobility spezial abgehalten und ein Buch zur Elektromobilität herausgebracht.
Fotocredit Vallon Relations
Fotos Katharina Schiffl