„Frühere Impfung für Gastro-Personal“

Peter Hanke. Der SPÖ-Stadtrat will den Tourismus rasch beleben — und die Öffis anders vermarkten als seine Vorgängerin

Seit 2018 ist Peter Hanke Mitglied der Wiener Stadtregierung. 2019 hat er das Budget konsolidiert, was ihm sogar (verhaltenes) Lob der Opposition einbrachte. Seit November ist Hanke als Stadtrat nicht nur zuständig für Finanzen, sondern auch für die Öffis. Ein Gespräch über die Zukunft des Städtetourismus, Kostenexplosionen und Herrenparfüm in der U-Bahn. 

KURIER: Herr Stadtrat, Sie sind neuerdings für die Öffis zuständig. Wann sind Sie denn zuletzt öffentlich gefahren? Und wohin?

Peter Hanke: Ich bin vor einer Woche gefahren, von der Alten Donau zum Karlsplatz, mit der U1.

Fahren Sie nicht mit den Öffis zur Arbeit?

Nein, da muss das Dienstauto herhalten.

Ihre Vorgängerin als Öffi-Stadträtin, Ulli Sima, setzte öffentlichkeitswirksame Aktionen. Stichwort U-Bahn-Duft. Wird es mit Ihnen in dieser Tonart weitergehen?

Ich werde den Schwerpunkt sicher auf die Umsetzung von Projekten legen. Wenn es notwendig ist, sich selbst einzusetzen, werde ich das machen, aber ich werd’s nicht übertreiben.

Also kein U-Bahn-Duft von Peter Hanke?

Nein, ich habe nicht vor, die U-Bahn mit einem Herrenparfüm zu beduften.

Sie haben die Kosten für den Bau der U2/U5 mit 2,1 Milliarden Euro beziffert. Stadträtin Renate Brauner rechnete bei der Präsentation 2014 mit 1 Milliarde. Kann man in Wien nichts bauen ohne Kostenexplosion?

Man kann alles bauen ohne Kostenexplosion. Es geht darum, welche Preise und Investitionshöhen für welchen Zeitraum genannt werden. Wenn 2014 auf Basis von Ausschreibungsunterlagen Beträge genannt werden, sind das Schätzwerte. Sieben Jahre später zu Baubeginn ist man von diesem Betrag weit entfernt, auch wegen sich ändernder Preisniveaus. Wenn dann eine Bauzeit von fünf bis sieben Jahren dazukommt, ist der Betrag, der am Ende in den Büchern steht, ein ganz anderer. Daher will ich einen Systemwechsel. Es sollen nur noch Beträge für Investitionen genannt werden, die für den Tag der Inbetriebnahme Gültigkeit haben. Die 2,1 Milliarden Euro werden zum Zeitpunkt der Eröffnung in den Büchern der Wiener Linien zu finden sein.

Wird dieser Betrag halten? Es gibt jetzt schon Verzögerungen und Probleme bei Ausschreibungen.

Ich gehe davon aus, dass dieser Betrag realistisch ist.

Die Wiener Linien verzeichnen wegen Corona 40 Prozent weniger Fahrgäste als im Jänner 2020. Müssen die Ticketpreise erhöht werden?

Ich denke nicht, dass das jetzt das wichtigste Thema ist. Aktuell wollen wir die Wienerinnen und Wiener sicher von A nach B transportieren. Das Thema der Preisgestaltung werde ich nie ausschließen können, aber derzeit ist für mich wichtig, die Corona-Krise zu meistern.

Für das Budget der Wiener Linien ist aber schon die Jahreskarte um 365 Euro – also um 1 Euro pro Tag – eine große Herausforderung.

Ich stehe zu diesem Preis. Ob das in einigen Jahren noch gilt? Da braucht es betriebswirtschaftlichem Weitblick. Wir werden uns bemühen, das einmalige Verhältnis zwischen Leistung und Preis zu erhalten.

Der Bau der Event-Arena in St. Marx verzögert sich coronabedingt um ein Jahr. Wann ist mit Details zum Projekt zu rechnen?

Die Detailplanung soll in einem halben Jahr abgeschlossen sein. Erst dann werde ich eine Kosten- und Investitionssumme nennen. Dann wird die Frage der Finanzierung und der Beteiligungen zu klären sein.

Welche Beteiligungen?

Ich kann mir die Einbeziehung von Dritten aus der Branche – national wie international – vorstellen. Federführend soll die Stadt Wien das Projekt beherrschen.

Bis dahin soll die Stadthalle als Eventhalle dienen. Ihr Wunsch für die Nachnutzung?

Es gibt mehrere Konzepte, die abgewogen werden. Ich glaube, es ist ein Mix aus Breitensport und Vereinssport mit kulturellen und wirtschaftlichen Aspekten möglich. Das Veranstaltungsthema wird in den Hintergrund rücken.

Zum Tourismus: Sie fordern, Umsatzersatz und Fixkostenzuschuss für Tourismusbetriebe auch an große Unternehmen auszuzahlen. Wird es für die Wiener Stadthotellerie auch Unterstützung der Stadt Wien geben?

Mir wurde vom Bund zugesagt, dass man zu diesem Thema noch im Jänner eine Ansage machen wird. Der Beitrag der Stadt ist die Wiederaufsperrprämie. Es ist wichtig, dass wir von außen als sicherer, berechenbarer Partner wahrgenommen werden. Das muss sich in den Aktivitäten der Bundesregierung widerspiegeln. Mir ist wichtig, dass es eine Impfstrategie gibt, die den Wirtschaftsstandort schützt. Man muss den Touristen sichere Hotels anbieten können.

Also soll das Personal in Gastronomie und Tourismus geimpft werden?

Es muss ein Angebot geben, um dem Hotellerie- und Gastgewerbe die Chance auf eine frühere Impfung einzuräumen. Erst mit der Impfung wird eine Beruhigung der Situation eintreten. Ich bin klar gegen einen Impfzwang, aber für die Einräumung einer Möglichkeit. Wir sind abhängig von der Wirtschaftsleistung im Veranstaltungs, Hotellerie und Touristikbereich. Da wird nur eine Impfaktion im großen Stil hilfreich sein.

Wenn man den Koalitionspakt liest, bekommt man den Eindruck, es gebe für alle Bereiche mehr Geld – Bildung, Integration, Radwege, usw. Gibt es Bereiche, die mit weniger auskommen müssen?

Wir sind derzeit gut beraten, vernünftig zu investieren, um Arbeitsplätze zu sichern und weiter als Metropole wahrgenommen zu werden. Es ist nicht das Geld da, das gerade gebraucht wird, sondern das, das notwendig ist.

Woher kommt all das Geld?

Einerseits aus den Einnahmen, die wir als Kommune machen. Andererseits ist es nötig, Geld aufzunehmen. Dieses Geld entwickelt sich als Vermögensbestandteil und der ist zu bewerten. Die Bewertung steht der Fremdfinanzierung gegenüber. Das muss in einem vernünftigen Mix vorhanden sein.

Sie bleiben dabei: Ausgeglichenes Budget 2025?

Das ist mein erklärtes Ziel.

 

Interview von Julia Schrenk aus dem Kurier vom Samstag 09. Jänner 2021

Fotocredit: © Kurier/Franz Gruber